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Von der Idee zum Start-up: Das Interview mit ooohne über plastikfreie Reinigung und transparente Werte

Wie entsteht aus Alltagsärger eine revolutionäre Geschäftsidee? Caro, Mitgründerin von ooohne, erzählt im exklusiven Interview, wie sie mit minimalistischen Reinigungsmitteln und radikaler Transparenz die Branche aufmischt – trotz großer Herausforderungen und Rückschläge.

Von der Idee zum Start-up: Das Interview mit ooohne über plastikfreie Reinigung und transparente Werte
Veröffentlicht am:

Im Rahmen unserer Gründerstories hat sich Caro, Mitgründerin von ooohne, Zeit genommen, uns mit auf die Reise ihres Start-ups zu nehmen. Gemeinsam mit ihrem Co-Founder Jan will sie nichts Geringeres, als die Reinigungsmittelbranche revolutionieren – mit minimalistischen Rezepturen, papierverpackten Pulvern und radikaler Offenheit.

Wie man mit einem einfachen „Was ärgert dich im Alltag?“ auf eine Geschäftsidee kommt, welche Rückschläge das Team durchstehen musste und warum bei ooohne die Hosen runtergelassen werden – all das und mehr erzählt Caro im Interview.

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Elevator-Pitch als Einleitung für das Interview

Bitte erkläre den Lesenden der afs:// etwas über euer StartUp. Wer bist du? Was tust du? Wer ist eure Zielgruppe? Was sind deine Ziele? Was zeichnet euer StartUp aus?

Ich bin Caro. Gemeinsam mit meinem Co-Gründer Jan habe ich mich 2019 auf den Weg gemacht, die Reinigungmittelbranche umzukrempeln und ooohne gegründet.

Zunächst wollten wir Reinigungsmittel von allem zu befreien, was nicht nötig ist. Plastikverpackungen, überflüssige Inhaltsstoffe – weg mit allem, was keinen Beitrag zur Reinigungskraft leistet: Duft- und Farbstoffe, Füllstoffe, Wasser, Mikroplastik oder mineralölbasierte Tenside kommen bei ooohne nicht in die Tüte. Im wahrsten Sinne. Stattdessen gibt’s konzentrierte Reiniger in Papierverpackung – extrem ergiebig, zertifiziert und schonend für unsere Gewässer.

Der Name ist Programm.
Aber zum umkrempeln gehört mehr. Wir hatten es satt, dass nur Chemiker:innen die Inhaltsangaben auf Reinigungsmitteln verstehen – ein Zustand, den viele Hersteller gezielt ausnutzen. Freie Fahrt für Greenwashing. Nicht bei uns: Wir verraten, was andere lieber geheim halten: Wir erklären unsere Inhaltsstoffe, stellen unsere Lieferanten vor und legen sogar unsere Gehälter offen. Selbst unsere Schwächen in Sachen Nachhaltigkeit kommunizieren wir transparent. Wir haben buchstäblich die Hosen runter gelassen:

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Hauptfragen zum Unternehmen & der Gründung

Wie aus Alltagsärger eine nachhaltige Geschäftsidee wurde

Wie entstand die Idee für ooohne und was hat euch persönlich motiviert, ein plastikfreies Reinigungsmittel-Startup zu gründen?

Ich wusste, dass ich gründen wollte, war aber noch auf der Suche nach meinem Thema. Die Idee entstand mithilfe der Frage: „Was ärgert dich im Alltag?“ Denn im Ärger steckt eine ganze Menge Potenzial. Ich wollte etwas gegen die Mengen an Einwegplastik tun. Als ich dann eine Öko-Spülmittel-Flasche in der Hand hielt, ärgerte mich, dass selbst ökologisch sinnvolle Produkte in Plastik verpackt sind. Da war sie – die Idee. Und mit ihr der Entschluss, eine Lösung zu entwickeln, die ohne Einwegkunststoffflasche auskommt. Hand-Spülmittel in Papier verpackt war unser erstes Produkt. Das funktioniert so, dass man zuhause das Pulver in Leitungswasser anrührt. Die Anwendung selbst ist wie gewohnt.

Herausforderungen auf dem Weg zur plastikfreien Reinigungslösung

Welche Probleme und Herausforderungen habt ihr bei der Entwicklung eurer ersten Produkte erlebt, insbesondere beim Umstieg auf plastikfreie Verpackungen?

Einen Hersteller/Entwickler zu finden, der sich auf die Idee einlassen wollte, Reinigungsmittel zum Anmischen zu machen. Wir haben mit über 80 Unternehmen gesprochen, bis wir Rudy aus Belgien gefunden haben. Der war direkt von unserer Idee überzeugt und sein Unternehmen, Chembo, stellt bis heute unser Hand-Spülmittel für uns her.

Die Verpackungen waren tatsächlich die größte Herausforderung. Die Reinigungsmittelbranche ist sehr auf Plastik fixiert. Genau das zu revolutionieren ist ja unser Ziel. Beim Waschpulver und Spülmaschinenpulver haben wir es inzwischen geschafft. Bei unserem ersten Produkt – dem Hand-Spülmittel – sind wir noch immer nicht ganz am Ziel. Plastikfrei ist das Produkt zwar bereits verpackt, aber die Abfüllung müssen wir noch separat organisieren.

Eine für uns wichtige Investorin/Businessangel ist uns 2021 abgesprungen, als der Entwickler und ursprüngliche Hersteller unseres zweiten Produktes (Spülmaschinenpulver) während der Entwicklung Insolvenz anmelden musste.

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Was ooohne anders macht: Nachhaltigkeit ohne Kompromisse bei der Reinigungskraft

Was unterscheidet eure Produkte von anderen nachhaltigen Reinigungsmitteln auf dem Markt?

Wir denken unser Konzept zu ende:

Unsere Produkte kommen ohne unnötige Verpackung und ohne unnötige Inhaltsstoffe aus. Dadurch sind sie sehr konzentriert, brauchen wenig Verpackung und Transportgewicht, schonen die Gewässer und das Beste: ooohne spart an unnötigem, nicht an Reinigungskraft!

Transparenz als Grundprinzip: Warum wir bei ooohne nichts zu verbergen haben

Wie wichtig ist euch Transparenz gegenüber euren Kund:innen und wie setzt ihr diese konkret um?

Sehr wichtig. Es steckt bei uns im Kern. 

Vor unserer Gründung haben wir natürlich über unsere Werte gesprochen und diese für uns festgelegt. Wir kannten uns ja nicht besonders lange. Am Ende mehrerer “Werte-Sessions” standen Transparenz und „echte Nachhaltigkeit“ (wie wir es genannt haben) ganz weit oben. Letzteres heißt für uns: Verantwortung übernehmen ggü. Umwelt. Gesellschaft, ggü. uns selbst und Stakeholdern. Und Transparenz?


… dass wir die Hosen runter lassen und erzählen, was andere Unternehmen lieber geheim halten: Auf ooohne.de könnt ihr daher nachlesen, wer unsere Produkte produziert, warum wir welche Inhaltsstoffe verwenden (wenn wir sagen es kommt nur rein, was nötig ist, gehört ja auch dazu, dass wir sagen, warum wir das, was drin ist, für nötig halten), was wir an unseren Produkten verdienen. Und auch: was nicht so gut läuft! Wir sprechen offen über das, was schief läuft und was wir gern noch erreichen möchten.

Warum? Weil wir uns vorgenommen haben, uns so zu verhalten, wie wir uns aus Konsumentensicht von anderen Unternehmen wünschen.

Gemeinsam stark: Inklusion als Teil unseres Geschäftsmodells

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit Werkstätten für Menschen mit Behinderung in eurem Geschäftsmodell?

Das Fulfilment macht für uns Mosaik in Berlin. Also Lagerung und Versand unserer Produkte.

Von Ersparnissen bis Crowdfunding: So haben wir ooohne aufgebaut

Wie habt ihr die Finanzierung eures Startups in der Anfangsphase sichergestellt und welche Rolle spielte das Crowdfunding?

Die Entwicklung der Marke (Design etc.) und die Produktentwicklung des Hand-Spülmittel-Pulvers haben wir von unseren Ersparnissen finanziert. 

Die erste Charge konnten wir durch unser erstes Crowdfunding Ende 2020 stemmen. 

Seitdem sind weitere Produkte hinzugekommen: Spülmaschinenpulver, Waschpulver, Reiniger zum Anmischen und plastikfreie Begleiter. Finanziert haben wir diese durch eine Beteiligung von vier Business Angels und der NRW.Bank. 

2023 haben wir wieder ein Crowdfunding gemacht. Damit konnten wir drei weitere Produkte finanzieren. Bodenreiniger, Feinwaschmittel und unseren Fleckenstift – die vegane Alternative zu Gallseife. Und dieses Crowdfunding lief unter dem Motto „Revolutiooon“.

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Gründen in der Krise: Wie uns die Pandemie ausgebremst hat

Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie auf eure Gründung und den Markteintritt?

Die Gründung (2020) während der Pandemie hat unser Vorankommen an vielen Stellen deutlich verlangsamt. Zum Beispiel, weil der Hersteller unseres Reinigerpulvers in Belgien von der belgischen Regierung verpflichtet wurde, Desinfektionsmittel in großen Mengen zu produzieren. Dadurch kam es zur ersten Verzögerung unserer Lieferung nach dem Crowdfunding. Es folgten Lieferengpässe für Papier und relevante Inhaltsstoffe sowie die allgemeine Krisenstimmung, in der potentielle Partnerunternehmen ihre eigenen Probleme lösen mussten und wenig Kapazität für neue Projekte/Ideen und Entwicklungen hatten.

Das Potential, das (Netzwerk-)Veranstaltungen für Start ups normalerweise bieten, stand uns durch das eingeschränkte Angebot in der Coronazeit nicht zur Verfügung. Auch Messen wurden verschoben und die ersten stattfindenden Messen verbuchen seitdem deutlich geringere Besucherzahlen.

Gemeinsam mit der Community: So entstehen unsere nächsten Produktideen

Welche Produktinnovationen plant ihr für die Zukunft und wie entscheidet ihr, welche neuen Produkte ins Sortiment aufgenommen werden?

Das entscheiden wir gemeinsam mit unseren Kund:innen. Über Umfragen. Als nächstes wird es wohl WC-reiniger. Das scheint der heiße Scheiß zu sein, wenn man die Anfragen und Produktwünsche betrachtet 🙂

Fragen zu SEO/Online Marketing & Tools

Digitale Helfer: Diese Tools unterstützen unseren Online-Shop und das Marketing

Nutzt ihr Tools oder spezielle Software für euer Online-Marketing oder das Management eures Shops?

Wir haben einen Shopify Shop und nutzen Klaviyo.

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Ehrlich statt perfekt: Unsere digitale Kommunikation ohne Greenwashing

Wie kommuniziert ihr die Vorteile eurer nachhaltigen Produkte digital, ohne Greenwashing-Vorwürfe zu riskieren?

Indem wir sehr transparent sind und sagen, was noch nicht so gut funktioniert.

Social Media & Influencer: Unsere authentische Marketingstrategie

Welche Rolle spielen Social Media und Influencer-Kooperationen in eurer Marketingstrategie?

Wir sind präsent auf Social Media und nehmen unsere Kund:innen mit. Influencer haben uns zu Beginn sehr unterstützt – einige von ihnen sind auch unter unseren Produkttesterinnen. Klassische bezahlte Influencer-Kampagnen haben wir auch getestet, aber mit wenig Erfolg.

Persönliche Fragen an die Gründer

Teamwork im Startup: So verteilen wir unsere Aufgaben und Stärken

Wie teilt ihr als Gründerteam die Aufgaben untereinander auf und was sind eure jeweiligen Stärken?

Jan ist zuständig für Finanzen, Marketing und Vertrieb

Ich für Produktentwicklung, Beschaffung und Nachhaltigkeit. Aber bei einem Startup verschwimmen die Aufgaben auch schnell, sodass man das nicht überall haarschaft trennen kann.

Große Rückschläge meistern: Unsere Herausforderungen und wie wir sie überwunden haben

Was war der bisher größte Rückschlag und wie habt ihr ihn überwunden?

Es gab einige Rückschläge… unsere „Fuckup-Liste“ wächst stetig. Der erste große Stolperstein war die verzögerte Auslieferung unserer Crowdfunding-Dankeschöns – Was schief gehen konnte, ging auch schief.

Zuerst gab es eine Verzögerung durch unseren Lieferanten in Belgien, der aufgrund der Corona-Pandemie kurzfristig Desinfektionsmittel produzieren musste und das Pulver deshalb nicht rechtzeitig liefern konnte. Als es schließlich beim Abfüller in Deutschland ankam, wollte dieser es nicht abfüllen, da es viel zu staubig war, ganz anders als bei den Probeabfüllungen. Es folgten zähe Verhandlungen, bis der Hersteller das Pulver zurücknahm um eine Lösung zu suchen. Die hat er auch gefunden.

Aber der Rohstoff, den er für die Nachbesserung brauchte, war – wie so vieles während der Pandemie – nicht lieferbar. Nachdem das Pulver nach Monaten endlich die gewünschte Qualität erreichte und bei unserem Abfüller eintraf, hatte dieser keine Lust mehr und sprang ab. Also schnell einen neuen Abfüller suchen! Den haben wir gefunden und er hat schnell loslegen wollen. Doch weil das Pulver inzwischen eine längere Zeit gelagert worden war, musste er es zuerst durch sieben.

Endlich konnten wir die ersten Pakete verschicken. Juhuu! Doch einige Verpackungen öffneten sich beim Transport und unsere Unterstützer:innen wurden von einer Staubwolke begrüßt. Also mussten wir den Versand schnell stoppen, alles zurück zum Abfüller und erneut verpacken. Puuuh!

Unsere wichtigsten Werte: Transparenz und Ehrlichkeit im Unternehmen und Privatleben

Welche Werte sind euch als Gründer:innen besonders wichtig – sowohl im Unternehmen als auch privat?

Transparenz und Ehrlichkeit

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Schnellfragen (Ja/Nein-Antworten) zur Gründerpersönlichkeit

Würdet ihr wieder gründen?

Ich bin froh, dass ich gegründet habe. Aber ich weiß nicht, ob ich es gemacht hätte, wenn ich gewusst hätte, was da alles auf mich zu kommt.

Seid ihr Perfektionisten?

Ja. Und das bringt eine Menge Probleme mit sich. Wir hätten mit unserem ersten Produkt schneller loslegen können. Das versuchen wir uns jetzt bei neuen Produkten immer vor Augen zu führen. Manchmal klappt es. Beispielsweise nehmen wir aktuell bei unseren Reinigern eine dünne PE-Schicht im Papier in Kauf. Das gefällt uns nicht, aber eine bessere Lösung haben wir noch nicht gefunden.

Glaubt ihr, dass Fehler zum Unternehmertum dazugehören?

Natürlich. Alle machen Fehler. Daraus kann man viel lernen. Ich finde es schade, dass wir in Deutschland nicht so offen mit unseren Fehlern umgehen. Über’s Scheitern zu sprechen ist bei uns ja nicht gerade en vogue. Dabei könnten wir viel mehr voneinander lernen.

Arbeitet ihr lieber im Team als allein?

Definitiv im Team. Das klappt viel schneller und die Ergebnisse werden besser.

Könnt ihr nach Feierabend gut abschalten?

Meistens ja.

Schnellfragen (Ja/Nein-Antworten) zum Online Marketing und SEO

Ist SEO für euch wichtiger als Social Media?

Nein

Nutzt ihr KI-Tools für eure Marketingtexte?

Ich habe ChatGPT das eine oder andere Mal getestet und die Ergebnisse waren inhaltlich falsch. Daher nutze ich es gern für Formulierungen und um Texte abzurunden. Aber die eigentlichen Inhalte recherchiere und erstelle ich selbst. 

Ist ein eigener Onlineshop für euch wichtiger als der Verkauf über Marktplätze?

Ja

ooohne: Reinigungsmittel mit Haltung

Caro hat uns eindrucksvoll gezeigt, dass echte Nachhaltigkeit mehr bedeutet als grüne Verpackungen – nämlich Verantwortung, Transparenz und Mut, auch unbequeme Wege zu gehen. Mit ihrem Team denkt sie Reinigungsmittel neu: ohne unnötige Inhaltsstoffe, ohne Plastik – dafür mit ganz viel Klarheit.

Wir danken Caro herzlich für das ehrliche Gespräch und die spannenden Einblicke hinter die Kulissen von ooohne. Ihre Geschichte ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie aus Ärger über den Status quo echte Veränderung entstehen kann.

Gründerduo Ooohne: Jan Leponiemi und Carolin Möllenbeck

Gründerduo Ooohne: Jan Leponiemi und Carolin Möllenbeck

KONTAKT:

www.ooohne.de

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